Die Akte Golgatha by Philipp Vandenberg

Die Akte Golgatha by Philipp Vandenberg

Autor:Philipp Vandenberg [Vandenberg, Philipp]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-10-14T16:00:00+00:00


Am nächsten Morgen wurde Gropius durch heftiges Klopfen an der Zimmertür geweckt. Er schreckte hoch. Die Uhr an seinem Bett zeigte 8 Uhr 10.

»Herr Gropius, bitte öffnen Sie!«, vernahm er die Stimme des Hoteldirektors.

Hastig stieg er in seine Kleider und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, dann öffnete er die Tür. Draußen stand Hollar in Begleitung zweier Männer, deren schlampige Kleidung sich deutlich von der Feiertagskleidung des Hoteldirektors abhob.

»Die Herren sind von der Kriminalpolizei«, sagte Hollar mit einer dezenten Handbewegung.

»Ja, und?«, fragte Gropius verwundert.

Hollar hielt Gropius eine zusammengefaltete Zeitung vors Gesicht. »Kennen Sie diesen Mann?«

Mein Gott, ja. Das war das aufgedunsene Gesicht Lewezows! Hollar deutete auf die Textzeile über dem Bild. »Unbekannte Wasserleiche aus der Moldau geborgen!«, übersetzte er stotternd.

»Ja natürlich, das ist Lewezow!« Und an die Kriminaler gewandt: »Ich bin hierher nach Prag gekommen, um Lewezow zu suchen! Was ist passiert?«

Der eine, er trug eine billige schwarze Lederjacke und ausgebeulte Cordhosen, dazu Schuhe mit dicken Profilsohlen, stellte sich vor, er heiße Mucha, und fragte in gepflegtem Deutsch: »Sie sind Herr Gropius?«

»Professor Gregor Gropius!«, stellte Gropius richtig.

»Also gut, Professor Gropius. Können Sie bestätigen, dass es sich bei dem Mann um Herrn Dirk Lewezow handelt?«

»Aber gewiss. Ich bin ganz sicher!«

»Und in welcher Beziehung stehen oder standen Sie zu Herrn Lewezow, Herr Professor?«

»Was heißt Beziehung, in überhaupt keiner Beziehung. Lewezow war Privatdetektiv und in meinem Auftrag in Prag unterwegs.«

»Und Sie fanden es angebracht, Lewezows Hotelrechnung zu begleichen? Ist das nicht, nun ja, ich möchte einmal sagen, ungewöhnlich?«

»Das mag vielleicht so aussehen; aber wenn ich Ihnen die näheren Umstände erkläre, werden Sie meine Haltung sicher verstehen.«

Mucha nickte unwillig, so als wollte er sagen, da gibt es nichts zu verstehen, Sie haben sich verdächtig gemacht, dann meinte er: »Ich möchte Sie bitten, uns zu begleiten. Sie müssen den Toten identifizieren. Im Übrigen wäre es für Sie von Vorteil, wenn Sie das Nötigste einpackten. Nur für den Fall, dass es länger dauert!«

Sie wollen dich verhaften, schoss es Gropius durch den Kopf. Sie wollen dir einen Mord in die Schuhe schieben. Sie wollen dich fertig machen. Panik stieg in ihm auf, und einen Augenblick trug er sich mit dem Gedanken zu fliehen, den Gang entlang, zum Treppenhaus, elf Stockwerke nach unten, durch das Foyer ins Freie; aber dann kam ihm in den Sinn, dass er sich dadurch nur noch verdächtiger machen würde, und er stopfte die nötigsten Dinge in seinen handlichen Pilotenkoffer.



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